Welche Unternehmen sind nachfolgefähig?

Die Nachfolgefähigkeit einer Firma liegt im Wesentlichen in den immateriellen Gütern. Substanzwerte können in der Regel auch anderweitig verwertet werden. Nur der steuerliche Vorteil, namentlich die Kapitalgewinnsteuerbefreiung, kann ein Grund sein, ein Unternehmen mit viel Substanzwert als Ganzes zu verkaufen. Jetzt stellt sich die Frage: Wie wird der immaterielle Wert eines Unternehmens berechnet?

Der Kundenstamm ist einer der Hauptgründe, warum ein Nachfolger ein bestehendes Unternehmen kaufen möchte. Würde er das Unternehmen neu gründen, müsste er einen erheblichen Aufwand betreiben, um Neukunden zu finden. Überdies hat ein bestehendes Unternehmen bereits bewiesen, dass das Angebot vom Markt angenommen wird. Bei einem Start-Up ist eine der Hauptursachen für das Scheitern, dass der Markt falsch eingeschätzt wurde und es gar keinen Bedarf für das angebotene Produkt oder die Dienstleistung gibt. Daraus folgt, dass berechnet werden kann, wieviel die bestehenden Kunden an Umsatz und Gewinn für das übernommene Unternehmen generieren können. Zusätzlich wird der Beweis des Markttest wie eine Versicherungsprämie bewertet, weil sich dadurch das Risiko erheblich verringert. So, jetzt wissen wir, wie wir die Nachfolgefähigkeit bewerten müssen, am besten veranschaulichen wir die Theorie mit ein paar Beispielen.

 

Nehmen wir das konkrete Beispiel einer Künstlerin. Die Fans sind hier die Stammkunden und bilden den immateriellen Wert. Die Nachfolgefähigkeit ist auf den ersten Blick trotzdem nicht gegeben, da die Abhängigkeit von der Inhaberin/Künstlerin, also genau diese Person und keine andere, sehr hoch ist. Eine Möglichkeit besteht darin, dass entweder die Kunst (das Produkt der Künstlerin) verwertet wird, womit wir beim reinen Substanzwert sind oder aber eine Nachfolgestrategie aufgebaut wird, wie der Glanz der Künstlerin auf den Nachfolger abfärben kann. Wie oft sehen wir Schauspieler, die ihre Kinder in das Geschäft miteinbringen, da sie so vom bekannten Namen und vom Vorfahren profitieren können. Adaptiert auf ein Dienstleistungsgeschäft wie der Architektur, der Beratung, der Treuhand, der Vermögensverwaltung, etc. welches sehr stark vom Inhaber abhängig ist, bedeutet das, dass ein Nachfolger Schritt für Schritt in das Unternehmen und bei den Kunden eingeführt wird. Meist verbleibt der damalige Inhaber noch eine Zeit im Unternehmen, um als Botschafter intern und extern für das Unternehmen zu vermitteln. Denn viele Geschäftsbeziehungen haben auch eine erhebliche persönliche beziehungsweise menschliche Komponente.

 

Zweites Beispiel: Es gibt auch «nur bedingt» nachfolgefähige Unternehmen. Hier betrachten wir eine Firma, bei der gerade interne Sanierungen im Gange sind. Hat das Unternehmen Aussicht auf eine erfolgreiche Sanierung? Soll ein Nachfolger gefunden werden, der die Sanierung übernimmt und das Unternehmen zu einem entsprechend günstigeren Preis erwirbt oder kann die bestehende Unternehmungsleitung die Sanierung noch erfolgreich umsetzen und erst dann verkaufen? Bei einer Analyse kann vielleicht festgestellt werden, dass nur gewisse Teile des Unternehmen nachfolgefähig sind oder nur der Kundenstamm, Verfahren und Patente oder anderes Knowhow einen verkaufbaren immateriellen Wert hat. Dann stellt sich die Frage, inwieweit und ob dieser Wert überhaupt vom Rest des Unternehmens abgetrennt werden kann.. Kann das Unternehmen in einen guten Teil und in einen nicht nachfolgefähigen Teil gespalten werden?

 

Ein drittes Beispiel ist ein Unternehmen, das Produkte oder Dienstleistungen verkauft, die nur einmal gebraucht werden und daher stetig neue Kunden gesucht werden müssen. Hier stellt sich die Frage nach dem Wert der Marke und dem Vertrauen, das potenzielle Kunden dem Unternehmen entgegen bringen. Was beweget Kunden zum Kauf? Der Name bzw. die Bekanntheit, die Vergangenheit oder Empfehlungen von bisherigen Kunden? All diese Punkte müssen betrachtet werden, um den immateriellen Wert feststellen zu können. Der Vorteil ist, dass der Erfolg weniger vom Inhaber abhängig ist, da jede Kundenverbindung neu aufgebaut wird. Gibt es ein spezielles Verfahren oder einen standardisierten Prozess für die Kundengewinnung, der sich bewährt hat? Kann dieser Prozess leicht auf den Nachfolger übertragen werden?

 

Viertes Beispiel: Wenn ein Unternehmen bereits seine goldenen Jahre hinter sich hat und der Umsatz sowie der Gewinn von Jahr zu Jahr sinken, stellt sich die Frage, ob es noch nachfolgefähig ist. Der potenzielle Käufer sieht möglicherweise nur rote Zahlen für die Zukunft. Obwohl der Verkäufer vom Potenzial und den Möglichkeiten der Zukunft spricht, wird der Käufer skeptisch bleiben. Der Unternehmer sollte jedoch den Beweis antreten, wenn er vom Erfolg überzeugt ist. Eventuell kann mit Hilfe eines neuen Geschäftsführers die Situation verbessert werden und das Unternehmen zusammen mit dem Geschäftsführer an einen Nachfolger oder eine Aktionärsgruppe verkauft werden.

 

Fünftes Beispiel: Ist die Größe eines Unternehmens entscheidend für dessen Nachfolgefähigkeit? Unternehmen, die für den Inhaber genügend Einkommen generieren, um dessen Existenz zu sichern, jedoch keinen Gewinn erwirtschaften, werden aus Sicht von Investoren als nicht nachfolgefähig betrachtet. Für eine Person, die als Selbständiger ein Unternehmen sucht, um sich einen Lohn zu verdienen, der ihre Existenz sichert, sind diese Firmen genau das Richtige. Wir bezeichnen sie als Arbeitsplatzfirmen. In der Regel werden sie vom Nachfolger zu einem Betrag X gekauft und ein paar Jahre lang weitergeführt, möglicherweise bis zur Pension des Nachfolgers, und im besten Fall zum gleichen oder höheren Preis wieder verkauft. So erhält der damalige Nachfolger nach den Arbeitsjahren das investierte Kapital zurück. Wenn ein Unternehmen jedoch nicht genügend Ertrag erwirtschaftet, um dem Inhaber eine Existenz zu ermöglichen, stellt sich die Frage nach der Ursache. Wurde das Geschäftsmodell durch eine Disruption beeinträchtigt, und die Nachfrage geht immer weiter zurück? Ist die Marktlücke so klein, dass sie bereits ausgeschöpft ist? Kann oder will der Inhaber nicht mehr Aufwand betreiben? Für solche Unternehmen, vorausgesetzt es gibt einen substanziellen immateriellen Wert, kommt ein Verkauf an einen Interessenten in Frage, der bereits ein Unternehmen besitzt und in dieses Geschäftsfeld expandieren möchte. In solchen Fällen stehen für den Nachfolger meist Synergien zwischen dem “neuen” und dem “alten” Unternehmen im Vordergrund.

 

Ob ein Unternehmen nachfolgefähig ist oder nicht, bedarf immer einen sorgfältigen Analyse unter der Berücksichtigung vielseitiger Betrachtungswinkel. Die Analyse und Strategie ist die Basis einer erfolgreichen Nachfolgelösung.

Hans Jürg Domenig, Vorstand Schweizer Dachverband für Nachfolge (Schweizer Dachverband für Unternehmensnachfolge | chDU.ch), ehemaliger Helpy Experte, begleitet Firmen bis zum erfolgreichen Verkauf und beantwortet kostenlos Fragen zum Thema Unternehmenswertsteigerung telefonisch oder per E-Mail:  info@firmen-nachfolge-verkauf.ch. Die Firma ANSATZ AG Firmen-Nachfolge-Verkauf führt er seit über 25 Jahren an den Standorten Bad Zurzach, Chur, Oberglatt, Thayngen und Waldshut-Tiengen (D).