Entweder Verkäuferdarlehen oder Rabatt

In beinahe jeder Verkaufsverhandlung, ob mit Firmenexternen oder innerhalb der Familie, kommt irgendwann die Frage nach einem Verkäuferdarlehen auf. Oft wird es nicht direkt ausgesprochen, sondern es entsteht ein Eiertanz um die Höhe des Verkaufspreises. Nicht selten wählen Käufer eine Firma zum Kauf, die bis an die Grenze des Finanzierbaren geht oder sogar darüber hinaus. Warum? Eine mögliche Erklärung ist, dass sie sich ausrechnen, je höher der Firmenkaufpreis, desto höher auch der Gewinn und daraus folgern sie den maximalen Return on Investment, wenn sie alles auf diese eine Karte setzen. Das wird übrigens von Kreditgebern und Banken gerne gesehen, denn wenn der Käufer sein letztes Hemd für den Kauf der Firma gibt, wird er alles daran setzen, dass es ein Erfolg wird. “Skin in the game” sagen die Amerikaner dazu. Hat der Käufer zusätzlich zu den zwei Millionen, die die Firma kostet, noch fünf weitere Millionen auf dem Konto liegen, kann er einen Totalverlust locker wegstecken und die Kreditgeber bleiben auf der Strecke.

Stellt sich bei der Verhandlung heraus, dass der Käufer Zugeständnisse bei Forderungen, die in der Zukunft liegen, macht, hingegen bei den Sofortzahlungen eher zaghaft ist, kann das ein Hinweis darauf sein, dass seine Finanzierung zu knapp bemessen ist oder die Bank bereits signalisiert hat: “bis hier hin und nicht weiter”. Angenommen, die Verkaufspreisvorstellung des Verkäufers liegt bei 2 Mio. Euro, die Vorstellung des Käufers aber nur bei 1,5 Mio. Euro, möglicherweise auch, weil es das Maximum ist, was er finanzieren kann.

Ein Kreditgeber bemisst sein Engagement immer im Verhältnis zur Gesamtsumme und hält sich an eine Obergrenze, zum Beispiel von 66%. Wenn jetzt ein Verkäufer ein Verkäuferdarlehen gibt, zählt die Bank das immer vollumfänglich zum Eigenkapital dazu. Somit lässt sich ein höherer Verkaufspreis stemmen. Bei der Kaufofferte des Käufers von 1,5 Mio. Euro für das Unternehmen liegt die Kreditofferte des Kreditgebers bei 1 Mio. Euro, den Rest steuert der Käufer aus seinen Eigenmitteln bei – unter Einbezug sämtlicher Reserven und Darlehen von Verwandten.

Mit einem Verkäuferdarlehen von 0,3 Mio. Euro ist ein Verkaufspreis von 2,1 Mio. Euro finanzierbar, da die Bank nun einen Kredit über 1,3 Mio. Euro spricht und dabei gleichzeitig ihr Engagement in Prozent von 66 auf 62% reduzieren kann. Warum macht die Bank das? Ein Darlehensengagement des Verkäufers rechnet die Bank als nachrangiges Darlehen und somit als Eigenkapital. Die Bank anerkennt das Vertrauen des Verkäufers gegenüber dem Käufer und dazu auch dessen Zuversicht, da er sonst kein Verkäuferdarlehen geben würde.

Ob für die Firma tatsächlich ein Verkaufspreis von 2,1 Mio. gerechtfertigt ist, muss natürlich vorher geklärt werden. Ein Beispiel, um die Verhältnismässigkeit zwischen Investment und Return einzuschätzen, ist folgende Überlegung: Aus der Gewinndividende sollte in den nächsten fünf bis sieben Jahren das Darlehen der Bank und das Verkäuferdarlehen beglichen werden können. Natürlich immer vorausgesetzt, dass keine Immobilie zum Betriebsvermögen zählt.

Ein Verkäuferdarlehen kann oft eine clevere Alternative zu einem Preisnachlass sein, der kaum etwas bewirkt, wenn der Käufer bereits finanziell am Limit ist. Indem der Verkäufer dem Käufer mit einem Darlehen entgegenkommt, schafft er nicht nur eine Win-Win-Situation für beide Parteien, sondern zeigt auch Verständnis für die individuellen Bedürfnisse des Käufers.

Hans Jürg Domenig, Vorstand Schweizer Dachverband für Nachfolge (Schweizer Dachverband für Unternehmensnachfolge | chDU.ch), ehemaliger Helpy Experte, begleitet Firmen bis zum erfolgreichen Verkauf und beantwortet kostenlos Fragen zum Thema Unternehmenswertsteigerung telefonisch oder per E-Mail:  info@firmen-nachfolge-verkauf.ch. Die Firma ANSATZ AG Firmen-Nachfolge-Verkauf führt er seit über 25 Jahren an den Standorten Bad Zurzach, Chur, Oberglatt, Thayngen und Waldshut-Tiengen (D).